„Wenn Dräum widder blöhe“ (wenn Träume wieder blühen) hieß das Motto der Session 2024/25 im Kölner Karneval. Das Wetter am Rosenmontag immerhin war traumhaft: blauer Himmel und schon annähernd frühlingshafter Sonnenschein ließ die bunten Massen leicht in fröhliche Stimmung kommen (__jetzt schon zu den Bildern ?__)
Schön wäre es ja, wenn solche, auf Motivwagen im Umzug dargestellten Träume die Zukunft vorwegnähmen: eine Friedenstaube und die Aufforderung „mehr Liebe wagen“ ebenso wie die Vorstellung, die Regierungszeit von Donald Trump einmal mit heiterem Auge als „Freakshow“ zu betrachten.
Die Pappnasen Rot-Schwarz, wie immer mit ‘satirisch-karnevalistisch-politischem Frohsinns-Spektakel’ vor dem regulären Rosenmontagszug auf den Straßen unterwegs, hatten aber angesichts der Weltlage auch die drohenden Alpträume im Blick: Klimakrise, Armut, Wohnungsnot, Kriegsgefahr, irrsinnige Verkehrsprojekte, Hass und Hetze – und die sollten erst mal weggeräumt werden, ehe man sich schöne Träume gönnt. Dazu ließen sie die Heinzelmännchen wieder auferstehen, die nach einer alten Legende früher des Nachts den Kölnern die Arbeit abgenommen hatten.
Und so machte eine Schar von rot-schwarzen Zipfelmützen unter reger Anteilnahme der Jecken am Zugweg symbolisch Jagd auf zwei düstere Gestalten, um deren Alpträume zu Konfetti zu schreddern. In einer weiteren Choreographie sprengten sie mit einer anrollenden Weltkugel immer wieder eine gegen Migranten aufgebaute Grenzwand und führten damit spielerisch vor: die aus Not, Umweltzerstörung und Krieg angeheizte Migration lässt sich mit Grenzmauern nicht aufhalten.
Ein lokales Streitthema wurde ebenfalls als drohender Alptraum präsentiert: das wegen unkalkulierbarer Kosten und jahrelang drohendem Baustellenchaos in der Innenstadt heftig umstrittene Projekt einer West-Ost-U-Bahn, über das wir bereits berichteten ( https://r-mediabase.eu/not-another-brick-in-the-town/ ). „Oben bleiben!“ hieß da die Devise – und dazu mischte auch die Stelzenläuferin Alla Cynarski wieder mit.
Auch die seit Jahren als teilweise geschundene Großfigur dargestellte Demokratie war wieder mit im Tross – diesmal mit dem Zusatz „Demokratie ist Handarbeit!“ und der Aufforderung an alle, sich für sie einzubringen.
Als Neuzugänge in der Gruppe präsentierten sich diesmal Aktivisti des Köln-Ehrenfelder Allerweltshauses. Seit 1987 betreibt dieses interkulturelle Begegnungszentrum entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Beistand für soziale Gerechtigkeit und bietet seit letztem Jahr auch den Pappnasen Raum für die Vor- und Nachbereitung ihrer Aktivitäten.
So wuchs der „Zoch vür’m Zoch“ der Pappnasen 2025 noch einmal an, auf rund 130 Teilnehmende – und ließ so die vom „Vereinspräsidenten-Darsteller“ Thomas Pfaff vor Jahren einmal ausgemalte Vision, der eigentliche Rosenmontagszug werde irgendwann nur noch der „Nachzug“ sein, wieder ein bisschen näher rücken.
Fotos: Udo Slawiczek und Ernst-Wilhelm Grüter, Text: Udo Slawiczek
Warme Worte von Ernst Wilhelm Grüter
Zum ersten Mal in Köln beim Rosenmontagszug und nicht nur das, zum ersten mal bei den Pappnasen Rot Schwarz. Fröhlich, politisch, solidarisch. Was für grandiose Freude bei Euch. Mit welcher physischen und emotionalen Energie ihr eure Choreographien auf die Straße gebracht habt, unglaublich. Ihr wart der Alptraum, ihr habt die Alpträume gejagt und besiegt. Ihr habt die Mauern der Abschottung niedergerissen.
Ihr wart die Heinzelminsche.
Ein vierfaches Kölle – Alaaf , Pappnasen Rot Schwarz – Alaaf , Antifaschismus – Alaaf , Demokratie – Alaaf.