Start | Rubriken | Fotograf*Innen | Zukunft oder Gas – WeiterSo! und 350.org stellen Stadtwerke in Berlin vor die Wahl

|

Am Dienstag den 25.04. fand im Hotel Pullmann Berlin Schweizerhof die Konferenz „Stadtwerke 2023“ statt. Eingeladen dazu hatte das Handelsblatt, doch empfangen wurden die Besucher*innen am Eingang des Hotels von der „Initiative Stadtwerke Erdgasfrei“ mit Goodiebags und Austrittsformularen. Grund dafür war ein Sponsor der Konferenz – der Lobbyverband „Zukunft Gas“, bei dem über 70 Stadtwerke Mitglied sind und als solche auch Beiträge zahlen. Mit der Gemeinwohlorientierung, zu der kommunale Unternehmen verpflichtet sind, sei dies unvereinbar, kritisiert das WeiterSo!-Kollektiv und deshalb fordern sie zusammen mit 350.org den Austritt der Stadtwerke aus diesem Verband.

Visitenkarten, sowie ein Aufsteller mit der offen gestellten Frage „Hey Stadtwerk der Zukunft! Bist du (noch) Mitglied bei…?“ verweisen auf die Webseite „www.zukunft-gasfrei.de„. Auf dieser ist in einer interaktiven Karte gekennzeichnet, welche Stadtwerke Mitglied bei ZukunftGas sind. Weiterführend gibt es Kontaktmöglichkeiten, damit die Stadtwerke freundlich, aber bestimmt auf die Problematik einer solchen Mitgliedschaft hingewiesen werden können. 

„Die Stadtwerke haben die moralische Verpflichtung, die Bevölkerung mit bezahlbarer, sauberer Energie zu versorgen. Indem sie jedoch die Gaslobby unterstützen, stellen sie die Profitgier reicher fossiler Unternehmen über die Bedürfnisse der Menschen. Sie versagen nicht nur in ihrer Aufgabe, sondern verwickeln uns für weitere Jahrzehnte in eine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und in ein Klimachaos. Wir fordern ein Energiesystem, das für die Menschen und den Planeten funktioniert, nicht für reiche Eliten und Aktionäre,“ sagtSofia Rodriguez, Senior Organiser bei 350.org.

Die Stimmung vor Ort war sehr konstruktiv und als es dann ab der Mittagspause am Stand der „Initiative Stadtwerke Erdgasfrei“ Freibier gab, kam es zu einem besonders regen Austausch mit den Besucher*innen der Konferenz. Leider waren die Vertreter*innen von Zukunft-Gas selbst die einzigen, die an einer konstruktiven Diskussion so gar kein Interesse zeigten. Anstatt inhaltlich zu argumentieren, drohten sie damit rechtliche Schritte wegen der „Zukunft oder Gas“-Logos einzuleiten und fotografierten die Anwesenden aus der Ferne. 

„Wir sind mit unserem Anliegen auf einige Resonanz bei den Stadtwerken gestoßen,“ sagt Sam Beiras vom WeiterSo! Kollektiv. „Unsere Forderung nach einem Austritt aus Zukunft Gas wurde sogar von Vertreter*innen einiger Stadtwerke unterstützt, die selbst nicht Mitglied in dem Lobbyverein sind. Denjenigen, die noch Mitglied im Verband sind, haben wir hoffentlich einen Denkanstoß gegeben, ob es nicht an der Zeit ist sich gegen fossiles Gas und für eine klimagerechte Zukunft zu entscheiden. Die Austrittsformulare haben sie jetzt auch schon griffbereit.“

Zukunft Gas steht seit einiger Zeit wegen einseitiger Diskursbeeinflussung, Greenwashing und fragwürdig engen Verbindungen in Regierungskreise zunehmend in der Kritik. Der Verband vertritt klimaschädliche Großkonzerne, wie Shell, Wintershall und Wingas (ehem. Tochterunternehmen von Gazprom). Über den gefährlichen Einfluss der Gaslobby auf die Politik klärte Lobbycontrol Anfang des Jahres in der Studie „Pipelines in die Politik“ auf. Daran knüpfte der Verein vergangene Woche mit einem offenen Brief und einer Petition an, in der Stadwerke aus zuvor beschriebenen Gründen nochmals zum Austritt aus dem Verband aufgefordert werden.