„Ich freue mich erst, wenn auf die Demos auch Taten folgen und Menschen lernen zuzuhören.“ – Aktivist*in R. Electra Ehrenberg
10.000 in Leipzig, 16.000 in Halle, 60.000 in Leipzig und noch viele hunderttausende mehr deutschlandweit bis in kleine Städte hinein. In jedem Fall ein mächtiges Zeichen – hoffentlich bleibt es nicht nur beim Zeichen. Mit dem „Rückführungsverbesserungsgesetz“ haben unsere Regierungsparteien ihre Kritik an der AfD in jedem Fall nicht unterstrichen.
Auch Electra, die in verschiedenen Bündnissen aktiv ist und auf der Demo in Leipzig für die Seebrücke gesprochen hat, geht mit gemischten Gefühlen aus den Protesten der letzten Woche.
„Die Proteste markieren für mich keinen Wendepunkt: Einerseits sind sogenannte „Remigrationspläne“ schon lange bekannt – sie wurden im Bundestag wiederholt von AfD-Politiker*innen beschrieben. Andererseits sind die Demonstrationen für mich nur einige unter vielen, die wir regelmäßig gemeinsam auf die Beine stellen.
Natürlich ist es zunächst positiv, dass sich so viele Menschen beteiligen. Doch die Forderungen, die in den Demos gemacht werden, sind teilweise derbe oberflächlich, bieten Politiker*innen eine Bühne zum Reinwaschen der eigenen Hände und schüren ein einfaches Feindbild namens AfD. Ich finde es teilweise erschreckend, wie wenig das infrage gestellt wird. Ich wünsche mir, dass sich Menschen grundsätzlich gegen Abschiebungen und Fluchtursachen stellen – egal von welcher Partei. Ich wünsche mir, dass betroffene Menschen und ihren Verbündeten zugehört wird, statt sich selbst auf die Bühne zu drängeln. Ich wünsche mir, dass uns Leute den Rücken stärken online und offline.
Wer bekommt (kein) Geld für das Halten öffentlicher Reden? Wer darf üblicher Weise (nicht) auf Bühnen sprechen? Wer hat (keinen) nennenswerten Kontakt zu betroffenen Menschen? Die Beantwortung all dieser Fragen kann helfen, um herauszufinden, welche Positionen Unterstützung brauchen – und welche nicht, da es ihnen nicht um ein solidarisches Miteinander geht.
Es wird nicht helfen, einfach nur zu hetzen. Die Zusammenhänge müssen klar gemacht werden. Dazu gehört auch, z. B. die rassistische Politik der anderen Parteien klar zu benennen, oder die strukturellen Verhältnisse, die Rassismus erst ermöglichen. Ich freue mich erst, wenn auf die Demos auch Taten folgen und Menschen lernen, zuzuhören.“
So geht Electra mit einem klaren Appell aus dem Gespräch raus. Die AfD befindet sich seit langer Zeit im Aufstieg und auch wenn Politiker*innen sich aktuell gerne auf den Protesten zeigen, rücken sie realpolitisch immer weiter nach rechts.
Gegipfelt ist dies parallel zu den Protesten in dem Beschluss des neuen „Rückführungsverbesserungsgesetzes“. Dieses schränkt nicht nur die Grundrechte von geflüchteten Menschen stark ein, sondern führt laut Juraprofessor*innen und Rechtsanwält*innen sogar zur Kriminalisierung von Seenotretter*innen (Mehr dazu: https://lnob.net/news/news-pressemitteilungen/entgegen-den-behauptungen-der-ampel-kurzgutachten-zeigt-die-fehler-des-rueckfuehrungsverbesserungsgesetzes/).