Start | Rubriken | Frieden | Göttinger Friedensforum – Kundgebung am 19.2.2022: Kriegsgefahr im Ost-West-Konflikt – Münchner Sicherheitskonferenz 2022

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Ankündigungstext des Göttinger Friedensforums

Wegen der Eskalation in der Ukraine-Krise und aus Anlass der Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende ruft das Göttinger Friedensforum auf zu einer Kundgebung am 19.2. 2022 um 12.00 Uhr vor dem Alten Rathaus. Die Veranstalter*innen wollen mit Redebeiträgen und einem Flyer über den aktuellen Ost-West-Konflikt zwischen der NATO und Russland (Ukraine, Nato-Osterweiterung …) informieren. Sie fordern notwendige Schritte zur Deeskalation, Abrüstung und eine tragfähige europäische Sicherheitsstruktur unter Beteiligung Russlands.

Auf der alljährlich stattfindenden Münchner Sicherheitskonferenz (18. bis 20. Februar 2022) versammeln sich Staats- und Regierungschefs sowie Politiker*innen – vorwiegend aus den NATO-Staaten – mit Spitzenmilitärs, Vertreter*innen von Großkonzernen, u.a. der Rüstungsindustrie, und Geheimdiensten, um über die globalen Herausforderungen zu diskutieren. Die sog. „SIKO“ dient u.a. als Werbeplattform der NATO sowie der Rechtfertigung von Milliarden Rüstungsausgaben Deutschlands und der EU und ihrer Kriegseinsätze, die als „Friedensmissionen“ verkauft werden. Statt aus dem Desaster des Afghanistan-Krieges die richtigen Konsequenzen zu ziehen und in Zukunft auf Militärinterventionen zu verzichten, fordern führende deutsche und europäische Politiker*innen, die militärischen Fähigkeiten der EU weiter voranzutreiben, um zukünftig – auch unabhängig von den USA – militärisch handlungsfähig zu sein. Das soll auf der kommenden Sicherheitskonferenz ein zentraler Themen-Schwerpunkt sein, wobei der aktuelle Konflikt zwischen der NATO und Russland die Tagung mit Sicherheit überschatten wird.Der Konflikt um die Ukraine enthält ein gefährliches Eskalationspotentiale. Ausgelöst u.a. durch den von USA und EU unterstützten Machtwechsel 2014 in Kiew und die Kämpfe zwischen dem ukrainischen Militär und den Separatisten im Osten der Ukraine (Donbass), hat sich zunehmend Militär auf beiden Seiten der Grenze zwischen Ost (Russland, Belarus) und West (Baltische Staaten, Polen) in Stellung gebracht. Intensive diplomatische Bemühungen (verschiedene Treffen und Telefonate hochrangiger Regierungsvertreter beider Seiten, eine Tagung des Nato-Russland-Rates in Brüssel, eine Sitzung der OSZE in Wien und Gespräche zwischen Russland und der Ukraine unter Vermittlung von Frankreich und Deutschland im sog. Normandie-Format) haben inhaltlich zwar keine nennenswerten Fortschritte erzielt, solche direkten Gespräche können nach Jahren des Schweigens aber als ein positives Signal angesehen werden.

Unter dem Titel „Raus aus der Eskalationsspirale! Für einen Neuanfang im Verhältnis zu Russland“ haben sich Anfang Dezember 2021 u.a. ehemalige Diplomaten und Militärs der Bundeswehr mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt. Darin weisen sie auf die brandgefährliche Situation im Konflikt um die Ukraine hin und warnen vor einseitiger Schuldzuteilung an Russland. Sie fordern stattdessen dazu auf, die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands anzuerkennen, d.h. auch zu garantieren, dass eine Ausdehnung des westlichen Militärbündnisses an Russlands Grenzen (Nato-Osterweiterung) beendet bzw. rückgängig gemacht wird.

Hintergründe zur Ost-West-Konfrontation (u.a. historische Ursachen beginnend in den 90er Jahren) werden in der Politik und den meisten Medien des Westens oft wenig differenziert dargestellt. Einseitige Darstellungen eines Konflikts aber erzeugen Feindbilder (Russland, China …).Ein Beispiel: Der aktuelle Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine wird als russische Aggression bezeichnet und z.T. mit martialischen Bildern russischer Panzer untermalt. Dagegen wird kaum kritisch hinterfragt, dass die Nato seit längerem kampfbereite Truppen in den östlichen Teil der Allianz schickt – „nicht nur in die Ostseeregion, auch zum Schwarzen Meer“ (Nato-Generalsekretär Stoltenberg am 30.11.21 in Riga). Die jährlich stattfindenden DEFENDER-Manöver der Nato in Richtung Osten werden – wenn überhaupt thematisiert – als legitime Verteidigung verharmlost. Dass Regierungen in internationalen Konflikten mit Propaganda und Bildern um die Deutungshoheit kämpfen, ist keine Neuigkeit. Doch im Ukraine-Konflikt treibt die Biden-Regierung die gezielte Öffentlichkeitsarbeit auf die Spitze. Seit Wochen hat sie detaillierte Geheimdienstinformationen über russische Truppenbewegungen verbreitet, einen angeblichen Plan für eine russische Provokation unter falscher Flagge herausposaunt und alarmierende Schätzungen über zivile und militärische Opfer verbreitet. US-Sicherheitsberater Jake Sullivan warnte, ein russischer Einmarsch drohe möglicherweise schon „während der Olympischen Spiele“. Er könnte mit Bomben und Raketen-Attacken beginnen, die Zivilisten ohne Rücksicht auf ihre Nationalität töten: „Alle Amerikaner in der Ukraine sollten das Land in den nächsten 24 bis 48 Stunden verlassen.“ (vergl. Frankfurter Rundschau vom 14.2.22)

Propagandakrieg, Säbelrasseln, Sanktionen und Aufrüstung müssen aufhören. Um einen verheerenden Krieg in Europa zu verhindern, braucht es Deeskalation und Diplomatie. Erste Schritte im aktuellen Konflikt um die Ukraine könnten ein Truppenabzug beider Seiten entlang der russisch-ukrainischen Grenze und an den Grenzen zwischen Russland und der NATO sein, sowie eine konsequente Umsetzung der friedensstiftenden Maßnahmen des Minsk II-Abkommens (2015), das Russland und die Ukraine unter Vermittlung Frankreichs und Deutschland vereinbart haben. Am Ende einer erfolgreichen Diplomatie z.B. durch eine mehrjährige Konferenz im Rahmen der OSZE könnte eine neue europäische Sicherheitsstruktur stehen, die das zentrale Prinzip der Charta von Paris aus dem Jahr 1990 wieder aufnähme: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden