Demonstration am 16. Dezember 2023 in Göttingen
Träger der Demonstration ist eine Gruppe “Zivilgesellschaft für Gerechtigkeit” in Göttingen, die sich selbst so charakterisiert:
“Zivilgesellschaft für Gerechtigkeit (ZfG)
Wir sind eine Gruppe mit linken Sichtweisen, welche sich vor allem mit wichtigen politischen und menschlichen Themen auseinandersetzt. So stehen wir für unterdrückte Völker ein, mit besonderem Augenmerk auf Palästina.
Weitere Merkmale unseres Engagements beinhalten:
– intersektionaler Feminismus
– Diskriminierung – v.a. im Hinblick auf Migranten, Flüchtlinge und Minderheiten weltweit
– LGBTQI*-Solidarisierung
– Soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit
– Tierschutz
– Umweltbewusstsein – mit Hauptaugenmerk auf koloniale Mächte
– Wir sprechen uns aus gegen: Imperialismus, Diktatur, Kolonialismus, Patriarchat, Extremismus, Rassismus, Autokratie
Unsere bisherigen Veranstaltungen gliederten sich unter anderem in Demonstrationen, Kundgebungen und Informationsstände auf. Unser besonderes
Anliegen hierbei ist, einen direkten Austausch mit Mitmenschen schaffen und ermöglichen zu können.
Auf Grund jüngster Ereignisse beinhalteten die letzten Veranstaltungen vor allem die Thematik: Palästina und das Besatzungsregime Israel.
So versuchen wir nicht nur mit politischen Fakten auf die Umstände aufmerksam zu machen, sondern versuchen betroffenen Stimmen ein Gehör zu schenken.”
Rede der Gruppe “Zivilgesellschaft für Gerechtigkeit”
Liebe Mitbürger*innen, Liebe Demonstrant*innen, Liebe Studierende, Liebe Freundinnen, liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitmenschen,
zunächst möchten wir uns bei Ihnen und euch herzlich bedanken, dass ihr uns hier so fleißig unterstützt und mit uns für Frieden und Solidarität
demonstriert. Die unsäglichen Gräueltaten und die fortlaufenden Zerstörungen in Gaza und in der Westbank
Palästina, die Bombardements an Zivilisten, Schulen, Kirchen, Moscheen, Gebäude, Wohnhäuser,
Flüchtlingsheimen und vor allem Krankenhäuser gehen seit 71 Tagen weiter und weiter und weiter
weiter. Und auch während der kurzzeitigen Feuerpause, gab es Attentate, vor allem auf Kinder seitens des israelischen Militärs.
Wir könnten euch hier so viel berichten, mit jeglichen Zahlen, Fakten und vor allem persönlichen und
individuellen Geschichten von etlichen von aber von Tausenden Menschen berichten. Von Millionen
Palästinenser*innen in der Diaspora, die sich weder gehört, noch gesehen noch als Mensch
betrachtet fühlen.So hat die UN schon etliches dazu berichtet genau wie jegliche Menschenrechtsorganisationen wie
Amnesty international, Ärzte ohne Grenzen, Safe the children, WHO, UNICEF, und so weiter und sofort.
Wir könnten euch berichten wie die Menschen in Gaza ohne Wasser, Strom und Essen und sogar
mittlerweile immer mal wieder ohne Internet trotzdem tagtäglich, stündlich ja sogar minütlich, um ihr
Leben kämpfen.
Wie unter anderem schwangere Frauen die Geburt ohne Anästhesie, einem Dach über dem Kopf, in
der Kälte durch den Wintereinbruch aushalten müssen. Wie Mädchen und Frauen ohne jegliche
Hygieneprodukte auskommen müssen und vor miserablen Krankheitsausbrüchen gewarnt wird. So
berichten junge Mädchen aus Gaza, dass sie sogar Stoffe von den Zelten in den Zeltlagern
ausschneiden mussten, um diese als Vorlage zu nutzen.
Wir könnten euch berichten von jeglichen Journalisten, die täglich ihr Leben aufs Spiel setzen und
trotzdem alles festhalten und sich mitteilen wollen. Um jeden Preis. Und doch sind Mittlerweile um
die 90 Journalist*innen gezielt getötet worden.
Wir könnten euch berichten von den jeglichen Ärzt*innen und Pflegern, die ihr Leben riskieren, um die
Leben anderer zu retten. So wie Dr. Abu Nujaila vom Al Awda Hospital in Gaza am 20.10.2023 sagte,
„We did what we could. Remember us“. Und ja, wir werden nicht vergessen. Unglücklicherweise ist
er mit anderen Kollegen von Ärzte ohne Grenzen am 21.11.2023 durch einen Raketenbeschuss
getötet worden.
Doch heute würden wir euch gerne explizit von was anderem berichten. Wir würden euch gerne
erzählen, wie vor allem die Lage für uns hier in Deutschland ist, in den Universitäten, in den Schulen,
aber vor allem auch in der Politik und bei den Menschen.
Wir sehen wie die Menschen sich hier klar positionieren im Sinne des Friedens, im Sinne der
Menschlichkeit, im Sinne der Wiedergutmachung der Deutschen und dabei vergessen, dass auch
andere Menschen eben genau diese selben Werte teilen.
Die Gesellschaft spaltet sich und wir spüren es am eigenen Leib. Es wird der breiten Masse am
laufenden Band Antisemitismus vorgeworfen, Terror Sympathisanten zu sein oder andere
schreckliche Vorwürfe. Die andauernden Vorwürfe gestalten sich fast roboterhaft im immer
wiederkehrenden selbem Wortlaut und Narrativ. Dabei ist anzumerken, dass auch Deutschen,
Muslim*innen, Christ*innen und anderen Religionsangehörigen Antisemitismus vorgeworfen wird,
sogar Jüdinnen und Juden selbst. Welch eine Ironie, dass gerade Europäer einem erklären wollen,
was Antisemitismus sei.
Selbst der Universitätspräsident solidarisiert sich ausschließlich mit israelischen Studierenden und
Wissenschaftler*innen.
Also sprechen wir uns in Solidarität und Empathie auch mit den palästinensischen Studierenden,
Mitarbeiterinnen und Wissenschaftlerinnen aus, die nicht nur von der Politik mittlerweile vergessen
werden, sondern nun auch noch von Universitäten und von Schulen. So ist am 12.12. am Heinrich-
Heine Gymnasium in München zum Mordaufruf gegen Palästinenser*innen aufgerufen worden mit
dem Slogan „Kill all Palestinians“. Zwar hat die Schule glücklicherweise schnell reagiert und die
Polizei informiert, jedoch vermissen wir die Verurteilung seitens der Politik. Ganz geschweige von den
Medien. Man stelle sich vor, es stünde ein Mordaufruf gegen eine andere Nationalität oder
Religionsgruppe.
Wir fragen uns, wann diese selektive Solidarität entstanden ist. Sogar in akademischen Reihen.
Welche Menschen haben Solidarität, Empathie, Respekt oder Rechte verdient? Aus welchen
Gründen, verdienen es diese Gruppe von Menschen und die andere nicht? Wie kann es sein, dass
man als Mensch über andere Menschen urteilen darf? Erhebt man sich als Mensch dann nicht als
göttliches Wesen? Wer sind wir zu entscheiden, welches Kind oder welcher Mensch mehr Recht hat
auf Leben oder nicht?
Wie können wir es im Jahre 2023 zulassen , dass Ärzte und Ärztinnen im Stande sein sollten, im
Sinne des Triage-Systems zu entscheiden, welches verletzte Kind zuerst gerettet werden sollte? Wir
erinnern an die moralischen Debatten während der Corona Pandemie. Welch einen großen Skandal
dieses Triage System hervorrief.
Die Ärzt*innen und Helfer*innen müssen zusätzlich dann auch noch Ohne Anästhesie Gliedmaßen
amputieren. Ohne großartige medizinische Hilfsmittel. Ohne genügend Medikation. Patient*innen
Ohne Seelsorger. Kinder ohne Eltern. Eltern ohne Kinder. Ärzt*innen ohne Krankenhäuser.
Und trotz der riesigen Versorgungsmängel wegen der Blockade, werden lediglich
verschwindend wenige LKWs für über 2 Millionen palästinensische Flüchtlinge geliefert, außerdem
Raketen, Bomben, Elend, Schmerz und Leid.
Daher fordern wir nach all den genannten Punkten auf:
• Solidarität, die nicht mehr selektiv ist.
• Universitäten und Schulen, die die Quellen der Gerechtigkeit und Sicherheit darstellen
sollten, wie sie diese auch in der Historie taten
• Wir fordern eine aufmerksamere Antidiskriminierungsstelle ohne Stigmatisierung
Studierender, welche auf Protesten ihre Stimme erheben, diese nicht zu kriminalisieren oder
zu tadeln
• Wir fordern eine Politik, die die Menschenrechte allen Menschen zuschreibt und nicht selektiv
spricht, handelt und ausübt.
• Wir fordern auf, dass nicht nur gegen Antisemitismus hart und scharf vorgegangen wird –
welches zurecht geschieht- sondern auch gegen Islamophobie und antipalästinensischen
Rassismus, da Palästinenser*innen genau so Teil dieser Gesellschaft sind wie Jüdinnen und
Juden. Denn durch Ignoranz, häufen sich genau diese Attentate wie am Gymnasium in
München schon erwähnt.
Denn Politik der Diskriminierung und des Rassismus spaltet. Und Rassismus tötet.
Natürlich sind wir gegen jeglichen Rassismus, gegen Islamophobie, gegen Antisemitismus, gegen
Fremdenfeindlichkeit, gegen jede weitere Form von Diskriminierung und wollen Frieden mit allen
Glaubensangehörigen und natürlich mit allen Menschen, die keiner Religion angehören.
Also liebe Mitmenschen: zwar ist Angst ansteckend, genauso ist es aber auch Mut. Erhebt eure
Stimmen gegen Ungerechtigkeit. Und für ein freies Palästina ohne Besatzung und ohne Krieg!
Free free Palestine
Rede der “Students for Palestine”
Wir sind Students for Palestine und haben uns vor kurzem an der Uni Göttingen zusammengefunden, weil wir nicht länger dabei zusehen können, wie täglich tausende Bomben auf über 2.2 millionen Menschen abgeworfen werden, wovon knapp die hälfte Kinder sind. Wir sind hier, weil wir nicht hinnehmen können, wie ein Genozid begangen wird. Und weil wir uns “nie wieder” zu Herzen nehmen, möchten wir mit aller Kraft einfordern: Stop the genocide! Free Palestine!
Keine Worte können das Leid der Menschen in Gaza zusammenfassen. Jeden Tag sterben Kinder und Frauen, zivile und humanitäre Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Kirchen, Moscheen, Wohnhäuser werden in Schutt und Asche gelegt. Die ethnische Säuberung Gazas und auch die systematische Unterdrückung und Ermordung palästinensischer Zivillistinnen in der Westbank durch Israel scheint einfach kein Ende zu nehmen.
Gerade deswegen sind wir empört darüber, dass der Präsident der Universität Göttingen in einer Rede an die Erstsemester erklärt hat, dass die Universität in Solidarität mit Israel stünde und bislang diese Aussage auch nicht zurückgezogen, oder Solidarität mit den palästinensischen Zivilistinnen gezeigt hat.
Wir wollen sehr deutlich sagen, dass er damit nicht für die gesamte Universität spricht. Denn wir als Studierende sehen das Leid der Menschen in Gaza und der Westbank und fühlen mit ihnen.
Zahlreiche Studierende haben versucht den Präsidenten zu erreichen und ihm klar zu machen, dass seine einseitige Solidarität sie verletzt und diskriminiert. Doch alle vielen auf taube Ohren. Denn scheinbar sind unserem Präsidenten manche Studierende komplett egal, wenn er nicht fähig ist Empathie für Studierende an seiner Universität zu zeigen, deren gesamte Familie in Gaza gerade am sterben ist. “Zum Wohle Aller”!? Wohl eher nur zum Wohle des Imperialismus.
Wir fordern die Universität auf Solidarität mit ALLEN Opfern zu zeigen, und das beinhaltet die fast 20.000 ermordeten Menschen in Gaza. Desweiteren sollte die Universität ihre eigentliche Aufgabe erfüllen, und ein Ort des Wissens und des Austauschs bieten, und erlauben dass über die Situation in Gaza informiert werden kann. Die Universität muss ein Ort sein wo alle Menschen willkommen sind. Dafür muss sie gegen jede Dsirkiminierung vorgehen, und das heißt gerade jetzt insbesondere gegen Antisemitismus, islamophobie und rassismus vorzugehen.
Wir werden so lange weiter an der Uni und auf der Straße protestieren, bis sich etwas ändert, bis der Krieg und die Besatzung Palästinas vorbei ist!
FREE FREE PALESTINE
Rede der “Students for Palestine” – englische Version
We are Students for Palestine and recently came together at the University of
Göttingen because we can no longer stand by and watch thousands of bombs being
dropped on over 2.2 million people every day, almost half of whom are children. We
are here because we cannot accept the genocide that is being committed. And
because we take “never again” to heart, we want to demand with all our heart: Stop
the genocide! Free Palestine!
No words can summarise the suffering of the people in Gaza. Children and women are
dying every day, civilian and humanitarian institutions such as schools, universities,
churches, mosques and homes are being reduced to rubble. There seems to be no
end to the ethnic cleansing of Gaza and the systematic oppression and murder of
Palestinian civilian women in the West Bank committed by Israel.
Precisely for this reason, we are outraged that the President of the University of
Göttingen declared in a speech to the first semester students that the university
stands in solidarity with Israel and has so far not retracted this statement or shown
solidarity with the Palestinian civilians.
We want to make it very clear that he is not speaking for the entire university.
Because we as students see the suffering of the people in Gaza and the West Bank
and sympathise with them.
Numerous students have tried to reach the President and make it clear to him that his
one-sided solidarity hurts and discriminates against them. But all of them fell on deaf
ears. Apparently, our president doesn’t care about some students at all when he is
unable to show empathy for students at his university whose entire family is currently
dying in Gaza. “For the good of all”? More like only for the good of imperialism.
We call on the university to show solidarity with ALL victims, and that includes the
almost 20,000 people murdered in Gaza. Furthermore, the university should fulfil its
proper role and provide a place of knowledge and exchange, and allow people to be
informed about the situation in Gaza. The university must be a place where all people
are welcome. To this end, it must take action against all forms of discrimination, and
right now that means taking action against anti-semitism, islamophobia and racism in
particular.
We will continue to protest at the university and on the streets until something
changes, until the war and the occupation of Palestine is over!
Refaat Alareer
Palestinian writer and poet
If I must die,
you must live
to tell my story
to sell my things
to buy a piece of cloth
and some strings,
(make it white with a long tail)
so that a child, somewhere in Gaza
while looking heaven in the eye
awaiting his dad who left in a blaze
and bid no one farewell
not even to his flesh
not even to himself
sees the kite, my kite you made, flying up above
and thinks for a moment an angel is there
bringing back love
If I must die
let it bring hope
let it be a tale
—
Informationen zu Refaat Alareer
Räumlich und durch Polizeikräfte von der Demonstration “Für eine sofortige Waffenruhe” getrennt trugen Gegendemonstranten ihre Sichtweise vor.
Siehe auch: Mahnkundgebung gegen Terror, Krieg und jeden Antisemitismus. Dienstag, 05.12.2023, 18:00 Uhr, Neues Rathaus, Göttingen