Startseite » Mensch & Arbeit » „Diktatur kann so ALDI sein“ – Schwarzer Freitag bei ALDI Süd

„Diktatur kann so ALDI sein“ – Schwarzer Freitag bei ALDI Süd

Lesezeit 3 min ~0 Bilder

ALDI-Süd war jahrzehntelang ohne Betriebsrat – und hat diesen Zustand nach US-amerikanischen Vorbildern wie Walmart und McDonalds unter viel Aufwand lange mit hausinternen Repressalien und externen Beratern wahren können.

Auch formaljuristische Tricks halfen dabei, Mitspracherechte der Beschäftigten zu umgehen: nach dem deutschen Mitbestimmungsgesetz von 1976 ist für Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH, GmbH & Co. KG) mit mehr als 2000 Beschäftigten eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats vorgeschrieben, d. h. er muss je zur Hälfte aus Kapitaleignern und Beschäftigten bestehen. Um das zu unterlaufen, ist ALDI nicht nur in Nord und Süd, sondern in zahlreiche formal selbständige Regionalgesellschaften aufgeteilt – und immer, wenn sich eine davon dem 2000er-Limit näherte, wurde diese nochmal aufgespalten.

Trotz oder gerade wegen des schwierigen Betriebsklimas fanden sich über 500 Beschäftigte der Regionalgesellschaft Dormagen (Personalstand: 1600) am 14.04.2022 in Köln zusammen, um eine Betriebsratswahl vorzubereiten. Auch der Kölner SPD-Landtagsabgeordnete Jochen Ott schickte vorab ein aufmunterndes Grußwort: „Ich grüße all die Beschäftigten von Aldi, die zusammen kommen, um einen Betriebsrat zu wählen. Ich freue mich wahnsinnig darüber, weil wir alle wissen, dass Betriebsräte für Unternehmen eine ganz wichtige Sache sind. Ich hoffe, dass Aldi versteht, wie wichtig diese Betriebsratsgründung ist.”

Das hatte das ALDI-Management offenbar tatsächlich verstanden – mit unerfreulichen Konsequenzen: etwa 100 Filialleiter, Stellvertreter und angehende Führungskräfte in schwarzen Hemden mit ALDI-Logo mischten sich unter die Belegschaft und störten die Versammlung von Beginn an durch ununterbrochene Zwischenrufe.

Als nach einer Stunde mit Klärung der Tagesordnung und informellen Beiträgen ein Versammlungsleiter bestimmt werden sollte, eskalierte die Situation. Nachdem ein Filialleiter mit seiner Forderung nicht durchkam, sich in öffentlicher statt geheimer Wahl zum Versammlungsleiter bestimmen zu lassen, stürmten mehrere Schwarzhemdler die Bühne. Es kam zu Gerangel, Beleidigungen und Handgreiflichkeiten. Die Initiatoren brachen die Wahl ab und riefen die Polizei zu Hilfe. 

„Voraussichtlich wird nun das Arbeitsgericht in Kürze einen Wahlvorstand einsetzen, der dann die Betriebsratswahl vollziehen und damit den Weg zum Gesamtbetriebsrat frei machen kann“, heißt es dazu bei der Initiative „Arbeitsunrecht in Deutschland“.

Die „Aktion gegen Arbeitsunrecht e. V. – Initiative für Demokratie in Wirtschaft und Betrieb“ dokumentiert und analysiert seit 2014 Betriebsratsunterdrückung und Gewerkschaftsbehinderung in Deutschland und setzt sich für den Schutz und die Neugründung von Betriebsräten ein.

Im Rahmen ihrer dazu regelmäßig an jedem Freitag, dem 13.  bundesweit stattfindenden Protestaktionen gegen arbeitnehmerfeindliche Betriebe waren am 13.05.2022 Aktivisti des Vereins vor mehreren ALDI-Filialen aufmarschiert und nahmen den Vorfall in Köln auf, um „die systematische und professionelle Bekämpfung von Betriebsräten und ernst zu nehmenden Gewerkschaften, zudem Schikanen, Überwachung und Auspressung der Belegschaft“ als „Erfolgsrezept“ von ALDI zu brandmarken.

Bei ALDI-Nord ist die Lage etwas entspannter: dort sind Betriebsräte und die Gewerkschaft Verdi mittlerweile vom Management „geduldet“. Das Management fördert zu deren Bekämpfung allerdings die Pseudo-Gewerkschaft AUB, die einst vom Siemens-Managern gegründet und mitfinanziert wurde.

Weitere Informationen, auch zu anderen erschreckenden Beispielen zum Arbeitsklima in Deutschland, gibt es hier:

https://arbeitsunrecht.de/

https://arbeitsunrecht.de/diktatur-kann-so-aldi-sein/