Mit diesen Worten rechtfertigt die Einsatzleitung den großen Polizeieinsatz bei der Demo zum Tag der Jugend.
Am 01.06.2023 waren um die 150 überwiegend junge Menschen am Kindertag zu einer Demonstration unter dem Motto „Kämpfe verbinden, für ein besseres Morgen!“ zusammengekommen. Sie kritisieren unter anderem die mangelhafte Klimapolitik, Polizeigewalt, sowie zunehmende Probleme im Bildungsbereich. Sie berichteten in dem Zusammenhang auch von gravierenden psychischen Problemen, die nicht aufgefangen werden können und fordern “100 Milliarden für Bildung und Gesundheit.”.
Von außen waren die Inhalte der Demo jedoch gar nicht so einfach wahrzunehmen, denn die Demo wurde durch ein Großaufgebot der Polizei weitestgehend abgeschirmt.
Die Menschen an der Sachsenbrücke waren in jedem Fall überrascht, als auf die zig Polizeiautos, einen am Himmel kreisenden Helikopter und hunderte Polizist*innen in den Seitenstraßen eine Demonstration mit zu diesem Zeitpunkt nur noch rund 100 jungen Menschen ankam. Dass diese dann nicht einmal die Brücke selber betreten durften, sorgte endgültig für Irritation.
Dementsprechend groß war auch der Applaus der teilnehmenden und der umstehenden Menschen, als durch die Veranstalter*innen die massive Kriminalisierung einer friedlichen Demonstration kritisiert wurde. Als die Einsatzleitung direkt darauf angesprochen wurde, ob es nicht angemessen wäre, einen Großteil der Kolleg*innen abzuziehen, da die Demo komplett friedlich verlaufen und mit der Zeit sogar nochmal deutlich kleiner geworden ist, erwiderte die Einsatzleitung nur „Die Leute haben Angst vor euch“.
Die Kriminalisierung nahm jedoch auch nach Ende der Demonstration kein Ende. Nachdem sich eine weitere Kleingruppe auf den Weg nach Hause machte, stürmten plötzlich von allen Seiten Polizist*innen herbei, zogen brutal eine junge Person heraus und fixierten sie an einem Polizeiauto. Tatvorwurf: Vermummung. Als sich Menschen über das brutale Vorgehen empörten, wird unvermittelt eine von zwei PoC vor Ort auf den Boden gedrückt und es werden Handschellen angelegt. Tatvorwurf: Beleidigung. Die Person leistete in der Situation zu keinem Zeitpunkt Widerstand und gab direkt Personalien an. Umgeben von einer großen Überzahl an Polizei und gerade angesichts dieses Tatvorwurfs war diese Behandlung sehr unverhältnismäßig. Auch nach mehreren Verweisen darauf, dass die Handschellen das Blut abklemmen, wurden sie nicht gelöst.
Umstehende Menschen, die sich lautstark über diese unnötige Gewalteskalation und das Racial Profiling beschwerten, wurden zurückgedrängt. Unter ihnen auch die Landtagspolitikerin der Linken Juliane Nagel. Diese drehte sich nach einem heftigen Schubser der Polizei ruckartig um und befand sich plötzlich zwischen drei Polizist*innen im Schmerzgriff. Dass sie als Landtagsabgeordnete Immunität genieße, sei ihnen egal, stellen die Beamt*innen aus Berlin klar.
Was eine wichtige Demonstration hätte sein sollen, wurde ein Exemplarbeispiel dafür, wie Demonstrationen aus dem progressiven Spektrum in Leipzig aktuell unter Generalverdacht gestellt werden. Vertrauen oder ernstes Interesse des Landes Sachsen an den Sorgen der jungen Generation, war hier in jedem Fall nicht zu erkennen. Die Möglichkeit, diese Anliegen auf vertrauenerweckende Art und Weise an die Bevölkerung zu tragen, wurde durch die große Polizeipräsenz ebenfalls stark eingeschränkt. Ja “die Leute hatten Angst”, aber wer vor wem und wieso – da hatten viele der anwesenden Menschen wahrscheinlich andere Wahrnehmungen als die Einsatzleitung.