Die AfD ist eingeladen, aber nicht willkommen


Das machten gestern unterschiedliche Akteure bei der Immatrikulationsfeier der neuen Erstsemester-Studierenden an der Uni-Leipzig deutlich. Menschen, die gestern Nachmittag die Feier besuchen wollten, sahen sich schon vor dem Gebäude mit mehreren hundert Studierenden konfrontiert, die lautstark eine Einladung der AfD an ihre Universität ablehnten. Musikalisch begleitet wurden sie dabei vom Unichor. 

Auch das Orchester, sowie einige Senator*innen und viele Besucher*innen fanden Wege, sich zu positionieren – nur eine klare Stellungnahme der Rektorin zu den eingeladenen teilweise offiziell als rechtsextrem eingestuften Politikern blieb aus. So bestätigte sie zwar, dass die Demokratie aktuell in Gefahr ist und betont die weltoffene Einstellung der Universität, beruft sich jedoch auf die Unparteilichkeit der Institution. 

Einer der eingeladenen Erstsemester-Studierenden äußert sich in einer spontanen Rede besorgt zu der Anwesenheit der AfD:

„Ich hoffe, dass eine Universität den Anspruch an sich selber hat, auch Leute, die diskriminiert werden, besser zu schützen. Wenn man unkommentiert einen AfD-Politiker einlädt und sich als Universität nicht klar davon distanziert, dann diskriminiert man all die Menschen mit, die die AfD diskriminiert. Das sind Leute, die sind rassistisch, die sind gegen Menschen mit Behinderung, die sind ableistisch, die sind antisemitisch und gerade in der aktuellen Zeit. Es ist einfach wichtig, dass wir uns als deutsche Universität deutlich von der AfD distanzieren und wenn das nicht gemacht wird gleich von Anfang an oder in der Rede, sondern ihnen einfach nur eine Bühne geboten wird – unkommentiert, dann werde ich das als Einzelperson nicht hinnehmen und ich merke das ganz viele das hier auch nicht hinnehmen.“ 

Die AfD macht in ihrem letzten Bundestagswahlprogramm eine klare Linie zwischen einer schützenswerten „christlich humanistischen Kultur der europäischen Völker“ (AfD-Wahlprogram 2021, Seite 22) und den Bedrohungen dessen durch „Multikulturalismus“, „Massenmigration“ und „Genderideologie“ auf. Sie widmet dem Islam als „Bedrohung“ ein ganzes Kapitel und naturalisiert die Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter. Über das gesamte Wahlprogramm lassen sich Einstellungen finden, die den von der Rektorin mehrfach betonten weltoffenen Werten der Universität eindeutig widersprechen. Zusammengenommen mit den nochmal deutlich drastischeren Formulierungen einiger AfD-Politiker*innen kann den Studierenden die Enttäuschung über eine ausbleibende Positionierung nicht vorgeworfen werden. 

Die BIPoC Hochschulgruppe stellt in einem Redebeitrag klar:

„Die Universität Leipzig schreibt sich auf die Fahne, Hass und Diskriminierung zu verurteilen, lädt jedoch genau jene Politiker*innen der AfD ein, die wie kaum eine andere Partei in Deutschland für diese Begriffe steht und sie lebt. Mit ihrer Einladung normalisiert die Unileitung diese Partei und ihre Werte. […] Benutzt nicht unsere Gesichter, um eine Diversität und sogenannte Weltoffenheit vorzutäuschen, ohne für die Sicherheit ebendieser Gesichter zu sorgen“. 

Die AfD wurde bei den Landtagswahlen am Sonntag letztendlich in Bayern drittstärkste und in Hessen zweitstärkste Kraft, während sich die CDU/CSU immer mehr ihren Positionen angleicht. Zu diesem Aufstieg der AfD sagt ein weiterer Studierender: „Normalerweise nimmt man an, Demokratien sterben durch einen Putsch. Demokratien können auch entkernt werden.“