„Teilnahme ab 18, Gewinnchance 1 : X, kann süchtig machen“, heißt es normalerweise bei jeder Lotto-Werbung. Wie es aussieht, kommt demnächst eine Verlosung mit anderem Warnhinweis auf uns zu: „Teilnahme ab 18, kann tödlich enden, und Mann kommt am Lostopf nicht vorbei“.
Die wiedererwachte Angst vor „Dem Russen“ bewegt die Welt: Umsätze der Rüstungsindustrie schießen (!) durch die Decke, und in Deutschland wird über die Rückkehr zur Wehrpflicht debattiert.
Die Bundeswehr soll nach dem Willen der Regierung (auch mit Druck von Verbündeten) von derzeit 182.000 auf 260.000 Soldaten aufgestockt werden. Dass dies durch Werbeaktionen nur mit Freiwilligen erreicht werden kann, glaubt niemand mehr so recht. Nach Vorstellung von Politikern, die es überwiegend selbst nicht mehr betrifft, soll die Lösung ein Wehrdienst per Losentscheid werden.
Was ist geplant? Erstmal sollen alle über 18 ab 2026 einen Fragebogen in der Post finden. Männer müssen ihn beantworten, Frauen nur wenn sie wollen.
„Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen. Ab dem 1. Juli 2027 wird zudem die Musterung, also die ärztliche Untersuchung auf Wehrdiensttauglichkeit, für alle Männer ab Jahrgang 2008 wieder verpflichtend. Ziel ist es, ein umfassendes Lagebild über potenziell verfügbares Personal zu gewinnen. Durch einen neuen Paragrafen 2a im Wehrpflichtgesetz (WPflG) erhält die Bundesregierung die Befugnis, die Einberufung zum Grundwehrdienst per Rechtsverordnung anzuordnen.“ (Quelle: tagesschau 24)
Kommt es so zur Aufstockung der Truppenstärke per Einberufung, soll die aber nicht nach Best-Eignung, sondern per Losentscheid erfolgen – die Bundeswehr würde so eine Armee von Pechvögeln.
Gegen diese Pläne formiert sich von mehreren Seiten Widerstand: DGB, Grüne Jugend, Linksjugend, die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), der Jugendring und die Bezirksschüler:innenvertretretung Kölns rufen für Donnerstag, 04.12.2025 (Ein Tag vor der geplanten Abstimmung über das Gesetz im Bundestag), zu einer Kundgebung „Selbstbestimmung statt WehrPFLICHT“ auf den Hans-Böckler-Platz in Köln auf.


Rufen zur Kundgebung auf, v. li.: Hans-Achim Brand (DF-VK), Nikolai Arnaudov, (Linksjugend), Layla Iman Oufkir (Bezirksschüler:innenvertretung Köln), Lars Kadelka (DGB-Jugend Köln), Tim Döller (Kölner Jugendring e.V.) und Ida Holschbach (Grüne Jugend Köln) bei der Pressekonferenz im Gewerkschaftshaus

Der Hans-Böckler-Platz in Köln
„Es ist nicht hinnehmbar, dass junge Menschen zu Pflichtdiensten gezwungen werden sollen, anstatt ihnen echte Perspektiven durch Ausbildungsplätze und gesellschaftliche Teilhabe zu bieten“, so Lars Kadelka, Vorsitzender der DGB-Jugend Köln. „Statt Wehrpflicht und sozialem Pflichtjahr fordern wir den Stopp des WDModG, die Abschaffung von Artikel 12a Grundgesetz* sowie ein Recht auf freiwillige Dienste, die für alle zugänglich, gut finanziert, fair bezahlt und sozial abgesichert sind. Personalmangel in Pflege, Bildung und anderen Bereichen müsse über bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und verlässliche Finanzierung gelöst werden – nicht, indem junge Menschen als billige Lückenfüller herangezogen werden.“
Layla Iman Oufkir von der Bezirksschüler:innenvertretung Köln ergänzt: „Die geplante Musterung und eine mögliche neue Wehrpflicht betrifft uns Jugendliche direkt. Demokratie lebt von freiwilligem Engagement und nicht von Zwang. Die Jugend ist keine Ressource, die man Nachrüsten kann wenn es eng wird. Wer etwas für die junge Generation tun will, muss mit ihnen und nicht über sie sprechen.“
Erweitert äußert sich Ida Holschbach, Grüne Jugend Köln: „Was sich mit dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz zeigt, ist ein strukturelles Problem im derzeitigen Regierungshandeln, ob bei Klimawandel, Verteidigung oder Rente: Es gibt ein Problem – Und auf wen wälzen wir es ab? Auf die junge Generation. Und das ohne Mitsprache.“
Und wenn das Gesetz ungerührt von den Protesten durchgewinkt wird? „Wir werden das Thema weiter durch die sozialen Medien treiben, und eine weitere Ignorierung der jungen Generation durch die Politik wird sich mit Sicherheit auch an den Wahlurnen bemerkbar machen“, so Kadelka.
Die Kundgebung auf dem Platz zwischen Gewerkschaftshaus und Westbahnhof (auch erreichbar mit U-Bahn-Linien 3, 4 und 5) beginnt um 17.00 Uhr.
*Wortlaut des „Wehrdienst-Artikels“ 12a GG: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_12a.html
Referentenentwurf der geplanten Gesetzesnovelle: https://www.bmvg.de/resource/blob/5982718/cd94e6ab3eda25e69f18c056fd1b6793/dl-gesetzentwurf-wehrdienst-data.pdf