Start | Ereignisfotografie | Erinnerungskultur | 24.01.2025 Gedenkstätte Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn

Es ist gerade in diesen Tagen wieder unfassbar, was Menschen mit Menschen tun! Der heutige Otto-Rosenberg-Platz im Ortsteil Berlin-Marzahn, Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf, war zwischen 1936 und 1945 ein Teil des Geländes des faschistischen Zwangslagers für Sinti und Roma. Die Schatten holen uns alle ein, wenn wir nicht begreifen, das die Täter:innen genau in die Vorstellung des „normalen Menschen“ in den Familienerzählungen und den Mythos der Schuldigkeit hinterlassen haben, sich zum Schluss zum Opfer erheben.

„Die Polizei

Die Erfassung und die Verbringung der Sinti und Roma in das Lager Marzahn sowie die Bewachung der Lagerinsassen unterstanden der Kriminalpolizei Berlin.

»Wir haben unter strenger Polizeibewachung gelebt. Die Polizei hatte große bissige Schäferhunde, welche sie bei jeder Gelegenheit auf uns losgelassen hat. Meine Mutter wurde schwer zugerichtet von den Bluthunden.« (Camba Franzen, Interview 1983)

Leiter der »Dienststelle für Zigeunerfragen« der Berliner Kriminalpolizei am Alexanderplatz war Leo Karsten. Geboren 1898 in Sampohl/Pommern wurde er im Frühjahr 1939 Kriminal-Sekretär dieser Abteilung. In dieser Funktion war er für die Erfassung und Deportation der Berliner Sinti und Roma in die Konzentrations- und Vernichtungslager zuständig.

»Leo Karsten hat die Sinti alle aufgestöbert und ins Konzentrationslager gebracht. Er kam zu uns ins Lager und packte meinen Bruder Ernst, der wehrte sich und gab ihm eine Ohrfeige. Meine Mutter hatte gerade eine Wanne mit Wäsche stehen, da fiel Karsten hinein. Noch am selben Tag haben sie meinen Bruder abgeholt und brachten ihn ins Konzentrationslager Dachau. Nach drei Monaten haben wir seine Urne bekommen. Die haben wir auf dem Friedhof Marzahn begraben. Gleich nach dem Krieg habe ich Karsten über meinen Anwalt angezeigt. Er antwortete, die Sippe Böhmer sei ihm bekannt, aber er könne sich nicht mehr genau erinnern.« (Peter Böhmer, Interview 2009)

Weder Leo Karsten noch seine zahlreichen Mitarbeiter wurden wegen ihrer Beteiligung an der Verfolgung und an den Deportationen der Sinti und Roma strafrechtlich verurteilt. Die gegen Karsten mehrmals eingeleiteten Ermittlungsverfahren, u.a. wegen Beihilfe zum Mord, wurden aus Mangel an Beweisen eingestellt. Bis zu seiner Pensionierung bekleidete er in Ludwigshafen das Amt eines Kriminalobermeisters und wurde zudem in Entschädigungsverfahren als Zeuge zu Rate gezogen.“ https://www.gedenkstaette-zwangslager-marzahn.de/rundgang/die-polizei.html

Der 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch sowjetische Soldat:innen jährt sich am 27. Januar 2025.

Fotos: Jens Schulze für R-Mediabase

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Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn – Gedenkstätte Zwangslager Marzahn e.V.

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